Nicht "einer für alle", sondern "alle gegen einen" - ein Kurzüberblick über Mobbing
Während die drei Musketiere in Alexandre Dumas' weltberühmten Roman als verschworene Gemeinschaft "alle für einen und einer für alle" kämpften, sieht dies an deutschen Schulen, aber auch in
unzähligen Unternehmen inzwischen ganz anders aus: Oftmals steht Mobbing an der Tagesordnung, Kinder fühlen sich von Mitschülern schikaniert, Arbeitnehmer vom Chef diskriminiert oder Jugendliche
im Internet von anonym auftretenden Gestalten verleumdet. Der folgende Artikel beschäftigt sich mit dem Phänomen "Mobbing" und zeigt Gründe für das Auftreten von Mobbing auf.
Der Begriff "Mobbing" wird in den Medien und dadurch im deutschen Sprachgebrauch in den letzten Jahren immer präsenter, dennoch gibt es bis heute keine einheitliche Definition dieses Begriffes.
Als einer der ersten wählte der Verhaltensforscher Konrad Lorenz in den 1950er Jahren den Begriff "Mobbing", wenn in der Tierwelt mehrere Artgenossen gemeinsam auf ein anderes Tier losgingen,
dabei handelte es sich aber in der Regel um ein Verteidigungsverhalten gegenüber Fressfeinden. Wenig später wurde klar, dass es auch beim Menschen zum "alle gegen einen" kommen kann und somit
befasste sich auch die psychologische Forschung schnell mit diesem Phänomen. Typische Mobbingorte sind dabei die Arbeitswelt und - sofern Kinder und Jugendliche betroffen sind - die Schule. Zwei
Studien der Bundesregierung von 2017 und 2019 zum Mobbing in Unternehmen stellten fest, dass Mobbing in der Regel unter Kollegen bzw. Gleichgestellten (Fachbegriff "peers") stattfindet, in rund
einem Drittel der Fälle aber auch Vorgesetzte daran beteiligt sind.
Heute versteht man unter "Mobbing", dass eine einzelne Person oder mehrere Personen gegen eine andere Person vorgehen, diese schikanieren, verleumden, piesacken, bedrohen oder ausgrenzen, mit der
Absicht dieser anderen Person einen (körperlichen oder psychischen) Schaden zuzufügen. In der englischen Fachliteratur wird dabei der Begriff "bullying" gebraucht, zuletzt ist auch immer wieder
von "bossing" die Rede, wenn das schikanierende Verhalten von Vorgesetzten ausgeht. Darüber hinaus gewinnt in der letzten Zeit auch das "cyber mobbing" immer mehr an Bedeutung. Darunter versteht
man anonymes Mobbing im Internet, zum Beispiel über soziale Netzwerke wie Facebook oder Instagram, was vor allem für Kinder und Jugendliche gefährlich werden kann, unter anderem auch deswegen
weil es von den Eltern nur selten oder meist gar nicht wahrgenommen wird.
Auf Basis verschiedener psychologischer Untersuchungen geht man inzwischen davon aus, dass Mobbing einerseits durch die Persönlichkeitseigenschaften der Beteiligten hervorgerufen wird,
andererseits aber auch durch organisationsinterne Faktoren begünstigt wird. So können Überlastung am Arbeitsplatz, Überforderung in der Schule, Hektik und Zeitdruck oder zu hohe Erwartungen von
Vorgesetzten, Eltern oder Lehrern zu Stress führen, welcher sich wiederum in Form von Mobbing äußern kann. Als schwerwiegendste Folgen für Betroffene von Mobbing gelten der Verlust der
Arbeitsfähigkeit, die Reduktion der psychischen Gesundheit und die Verringerung der Lebensfreude und Lebensqualität. Oftmals kann es sogar so weit gehen, dass Betroffene professionelle Hilfe in
Anspruch nehmen, da sie durch die Mobbing-Erfahrungen psychisch stark belastet sind - hierbei sind vor allem depressive Verstimmung, Burn-Out-Erleben oder Ängste als Gründe für das Aufnehmen
einer Therapie zu nennen.
Im Rahmen einer Therapie kann unter anderem ein Training sozialer Kompetenzen durchgeführt werden. Mithilfe eines solchen Trainings kann das Setzen von Grenzen, Durchsetzen eigener Wünsche und
Bedürfnisse, Nein-Sagen und das Ansprechen von Missständen eingeübt werden. Zudem lernt amn, anderen auch mal besser die Stirn bieten zu können. Zentral ist aber die Erkenntnis, dass auch im
Falle von Mobbing niemand "Opfer" bleiben muss, sondern die in der Regel stark negative Situation durch eigene Veränderung beeinflussen kann. Eine Lösung könnte beispielsweise auch ein Wechsel
der Arbeitsstelle oder der Schule sein, sofern sich das Mobbing-Verhalten anderer nicht reduzieen lässt. Generell gilt aber: Um Mobbing zu reduzieren oder im Idealfall komplett zu verhindern,
bedarf es nicht wie bei den Musketieren drei Männern, sondern eine Veränderung der gesamten Gesellschaft. Sprich: Jeder einzelne ist gefordert und kann dazu beitragen, dass es nicht zu Mobbing
kommt.
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